Leben am Chiemsee
Fotografien von Nikolai Molodovsky
Alltag im Bayern der Nachkriegszeit
Wertschätzende Neugier charakterisiert das Werk des Fotografen Nikolai Molodovsky. Während seiner Auftragsreisen fotografierte Molodovsky Momentaufnahmen von Passantengruppen, Milieustudien und der wachsenden Mobilität. Er schaffte es, die Situationen authentisch und mit großem dokumentarischen Charakter festzuhalten - den ländlichen Alltag der Nachkriegszeit. Er hält den Wandel in der Landwirtschaft fest, aber auch die Volksfeste, wachsende Zahl von fahrenden Autos, Ausflugsschiffe und Segelboote auf dem Chiemsee sowie die Freizeitaktivitäten zu jeder Jahreszeit. Ihm gelang es besondere Stimmungen einzufangen. Schnörkelos udn sachlich fotografierte Molodovsky selbstbewusst Begegnungen mit Menschen.
Der Chiemsee, auch bekannt auch als das "Bayerische Meer", ist weit über die Grenzen Bayerns bekannt für seine unvergleichliche Schönheit und seinen Charme bekannt. Leicht erreichbar für Ausflügler ist es seit jeher ein begehrtes Ziel für Einheimische und Sommerfrischler gleichermaßen. Die Ausstellung in der Furthmühle zeigt eine Auswahl von Motiven aus dem Alltag der Wirtschaftswunderjahre im Südosten Oberbayerns.
Der Fotograf
Nikolai Molodovsky wurde 1899 in Pinsk (damals Russisches Kaiserreich, heute Belarus) geboren. Er studierte ab 1916 in St. Petersburg Volkswirtschaft, bevor er sich als 19jähriger freiwillig der Weißen Armee anschloss. Molodovsky emigrierte am Ende des russischen Bürgerkriegs und gelangte 1925 über Finnland und Berlin nach Paris. In Frankreich lernte er seine spätere Frau, die Malerin Doris Keetmann kennen. 1933 zog das Ehepaar nach Prien am Chiemsee, wohin die Künstlerfamilie Keetmann aus dem Rheinland umgesiedelt war.
Die Keetmanns, eine wohlhabende Bankierfamilie, brachte ihre Leidenschaft für Musik, Fotografie und Kunst mit in den Chiemgau. Inspiriert von seinem Schwager, dem Fotografen Peter Keetmann, fing Nikolai Molodovsky zu fotografieren an. Zu Beginn seiner Laufbahn gründete er in den 1950er Jahren den "Molo-Verlag" für den Vertrieb von Ansichtskarten und nahm Aufträge für Kunst- und Kulturführer in Ober- und Niederbayern an, die in Büchern und zahlreichen Broschüren veröffentlicht sind.
Nach seinem Tod 1986 kümmerte sich zunächst seine Frau Doris um den Nachlass und die Erhaltung des Bestands. 2003 übergab sie das Archiv der Marktgemeinde Prien. Schließlich erwarb die Bayerische Staatsbibliothek 2022 von den Erben das komplette Fotoarchiv Nikolai Molodovskys mit rund 48.000 Schwarz-weiß-Negativen, 6.000 farbigen Diapositiven und 15.000 hochwertigen Abzügen.