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17.05.2011

"Mit Sack und Pack" Sonderausstellung im Bauernhausmuseum Amerang

"Mit Sack und Pack" - Menschen und Dinge auf Wanderschaft
   
Menschen, die ihre Heimat verlassen, haben die unterschiedlichsten Dinge im Gepäck: ein Wörterbuch, den Wintermantel, Möbel oder Erinnerungsfotos. Und viele nehmen auch das Heimweh mit in die Fremde. Seit Jahrhunderten kommen Menschen nach Oberbayern – freiwillig, um Arbeit zu finden, als Vertriebene oder Flüchtlinge. Andere wagen den großen Sprung über „den Teich“ nach Amerika. In einer Sonderausstellung gibt das Bauernhausmuseum Amerang des Bezirks Oberbayern Einblicke in die Mobilität der Menschen seit dem 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart.
   
Die Ausstellung wurde im Freilichtmuseum Glentleiten erarbeitet und in Amerang um Biographien und Erinnerungsstücke von Einwanderern erweitert. Sie ist vom 22. Mai bis zum 6. November im Stadel Kirchweidach im Bauernhausmuseum zu sehen. „Wir möchten mit dieser Ausstellung die Mobilität in Bayern thematisieren“, so die örtliche Leiterin des Bauernhausmuseums Claudia Richartz. „Kein Mensch verlässt ohne persönliche Habe seine Heimat. Es sind oft diese persönlichen Gegenstände, die Geschichten erzählen und zugleich verwoben sind mit der „großen“ Geschichte.“ Darunter sind etwa die Speisekarten der Ozeandampfer, die Menschen aus Oberbayern nach Amerika brachten. Oder Wanderbücher von Handwerksgesellen, Trachtentücher, Immigrantenausweise, Kinderschuhe und Tagebücher.

In einzelnen Biographien beleuchtet die Ausstellung die Hintergründe der Migration. So versuchten Künstler in Italien ihr Glück, Ausländer suchten durch Flucht aus dem Heimatland Asyl in Deutschland, die Vertreibung während des 2. Weltkrieges brachte Sudetendeutsche nach Oberbayern. Abenteuerlich war das Leben des Auswanderers, Kesselflickers und „bayerischen Italieners“ Pietro Zannantonio. Die Ausstellung zeigt seine Wanderschaft und Erinnerungsstücke wie den handgefertigten Kupferkessel, sein altes Fahrrad und Arbeitszeugnisse. Bewegend sind die einzelnen Geschichten über Einwanderer, die das Bauernhausmuseum für diese Ausstellung sammelte.

„Wir sind bei den Recherchen auf große Akzeptanz gestoßen. Auf Menschen, die seit vielen Jahren im Chiemgau leben und hier heimisch geworden sind“, freut sich die Kuratorin der Ausstellung Stephanie Steiner. So etwa die Lebensgeschichte von Karl Borg. Der Sudetendeutsche geriet während des Zweiten Weltkrieges in russische Gefangenschaft. Ihm gelang die Flucht aus einem Kriegsgefangenenzug nach Bayern.

Kurban Özbek stammt aus der Provinz Kars im Nordosten der Türkei. Er meldete sich 1968 beim Arbeitsamt Istanbul als Interessent für Auslandsarbeit. So kam er als Bäcker nach Trostberg, danach wechselte er ins Baugewerbe. Eigentlich wollte Kurban Özbek sich später mit der Familie in der Türkei eine Existenz aufbauen. Doch der Lebensmittelpunkt verlagerte sich nach Trostberg. Bei Heimaturlauben in der Türkei fühlte sich die Familie zunehmend fremd. So entschieden sie sich, in Bayern zu bleiben. Die Biographie von Mueen Abutagia erzählt von Schwierigkeiten, als Araber und Palästinenser in Deutschland Arbeit zu finden, Johannes Hintz nutzte einen Verwandtschaftsbesuch im Westen zur Flucht aus der DDR, und Stjepan Lebinac wollte als 20jähriger Schlosser etwas von der Welt sehen. Er ließ sich in Deutschland nieder und will jetzt nicht mehr nach Kroatien zurück.

„In dieser Sonderausstellung haben wir einen partizipatorischen Ansatz gewählt, mit dem es uns gelungen ist, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verbinden“ verdeutlicht Claudia Richartz. „Als regionales Freilichtmuseum sind wir ein Ort individueller, gemeinschaftlicher und kultureller Erinnerung und leisten damit einen wichtigen Beitrag als Kulturgutarchiv der Region.“

       
Familie G.kehrt mit ihren zwei kleinen Kindern auf dem Passagierschiff
Familie G.kehrt mit ihren zwei kleinen Kindern auf dem Passagierschiff
 
Familie Gutheil kehrt 1960 aus USA nach Oberbayern zurück.

 

 
Karl Borg
Karl Borg
 
Karl Borg kam 1946 aus Kaden/Tschechoslowakei nach Deutschland.
"Wir bekamen den Rat: Geht's doch an den Chiemsee, da sind noch keine Flüchtlinge."
 
 
 
   
    
  Pressekontakt:     
   
  Claudia Richartz
  Bauernhausmuseum Amerang des Bezirks Oberbayern
Hopfgarten 2
D-83123 Amerang
Tel.  +49 8075 - 91 509 0
Claudia.Richartz@bhm-amerang.de